20 Jul Keine Kommentare Annette Mueller Anja Gschwendtner, Heiler Ohne Grenzen

Heilerin Anja aus Rosenheim im Interview zum Healing Camp India 2020 Teil 4:

(DiaVortrag von Anja am 01.August 2020 in München Schwabing)

„Es hat meinen Verstand völlig überfordert“

Die Heiler ohne Grenzen haben einmal mehr Großes geleistet. Erneut wurden Hunderte geheilt und Tausende inspiriert. Doch der große Einfluss des Camps liegt nicht nur auf Seiten der Geheilten – auch und besonders für die Heiler ist es ein lebensveränderndes Erlebnis. Bereits 2018 waren sich die Mitgereisten einig: Die Reise hat alles verändert. Eine die das Healing Camp India 2020 live miterlebt hat, ist École San Esprit Absolventin Anja. Im vierten Teil des Interviews reden wir mit ihr über die Rolle des Verstandes und die Einladung in das spirituelle Herz des Sri Aurobindo Ashrams.

Im Zuge des Healing Camps erleben die Heiler immer wieder individuelle Grenzen. Das beginnt bei recht einfach Dingen, wie der Ernährung. Nur zu gut erinnern sich Mitgereiste des Camps 2018 an Gerhard Neugebauer, dem gestandenen Bayer, der schon vor der Reise angekündigt hatte, er werde aufgrund des Essens in Indien einige Kilo abnehmen. Schon zur Mitte des Camps war er zumeist einer der ersten am Buffet und hatte am Ende sogar drei Kilo mehr auf der Hüfte. Oder Journalist Maximilian Medlitsch, der schon zu Beginn des Camps sehr humorvoll mit seiner Virenphobie umging und von seinem frühkindlichen Waschzwang berichtete. Die Phobie konnte er in Indien überwinden und fühlte sich innerhalb kürzester Zeit pudelwohl auf dem tropischen Subkontinent.

Doch es gibt auch die noch viel tief greifenderen, bewusstseinserweiternden Erkenntnisse. Denn so viel ist klar: Wer aufbricht zu einem Healing Camp am anderen Ende der Welt, mit dem geschieht etwas. Was genau, fragen wir auch Anja aus Rosenheim. Die sammelt sich erst einmal und antwortet nach einer längeren Pause.

„Es hat meinen Verstand völlig überfordert. Einfach deshalb, weil der Verstand immer wieder gesagt hat – erklär mir das! Das Herz hat unterdessen immer wieder gesagt: Es ist wie es ist – göttliche Gnade. In dem Moment wurde mir bewusst, dass ich mein eigenes Heilerteam war. Denn auch als ich dann zum Heilen losgeschickt wurde, machte ich mir meine Gedanken. Warum sind die anderen im Team, gemeinsam? Ich werde alleine losgeschickt. Ich bin in keinem Team. Doch dann begriff ich es. Ich war mein eigenes Team und das hat auch einfach so sein sollen. Es war keine Bürde, sondern ein Privileg. Die Hausbesuche. Diese Extremst-Erfahrung. Endlich habe ich es verstanden.“

Dabei sind es auch immer die Begegnungen, die uns berühren: „Ich weiß noch, wie mich Prabhat am dritten Tag meiner Hausbesuche abholte und Prabhat meinte ich soll mich bitte hinten ins Auto setzen. Zunächst verstand ich das nicht, bis ich die Autotüre öffnete. Darin saß die an Parkinson leidende Schwester und begrüßte mich mit einem herzlichen „hello Anja, nice to see you“. Das hat mich wirklich zutiefst berührt.“

So kam auch Heilerin Anja trotz des entscheidenden Engagements an der Registrierung zu Beginn des Camps dazu, zu heilen. Das wiederum sehr erfolgreich, wie der Abschied zeigte: „Als ich mich am letzten Tag von den zwei Familien verabschiedete, bei denen ich die wiederholten Hausbesuche gemacht habe, waren wir gerade dabei ins Auto zu steigen, als mir Prabhat sagte es gebe noch ein Geschenk der Familien für mich. Ich habe mich gewundert, warum sie mir das Geschenk nicht drinnen übergeben hatten, habe mich aber gefreut und war gespannt darauf. Dann sagte er mir, ich wäre in die Räume der Mutter und von Sri Aurobindo eingeladen. Das war so verrückt, am Anfang habe ich mir noch Gedanken gemacht, warum ich nicht als Heilerin eingesetzt werde und dann endet das so. Es hat sich alles für mich gefügt. Manchmal muss man dem Leben seinen Lauf lassen. Der Mensch denkt und das Universum lenkt.“

Dabei ist die Einladung in die Räumlichkeiten der Mutter, Mirra Alfassa und Sri Aurobindos eine große Ehre. Die 1878 in Paris geborene Mirra Alfassa, die von allen in Pondicherry „the Mother“ – die Mutter genannt wird, war die erste Person, die im Westen geboren wurde und in Indien als Guru verehrt wurde. Mira Alfassa wurde als die spirituelle Partnerin des Philosophen und Yogi Sri Aurobindo bekannt. Sie ist außerdem Begründerin des internationalen Auroville Projektes und konzipierte das Matrimandir.

„Ich bin dann gemeinsam mit Neti der Einladung gefolgt und wir sind in den Raum der Mutter, der der Öffentlichkeit sonst nicht zugänglich ist. Gerade als wir uns hinsetzen wollten, kam die in weiß gekleidete Frau herein, die ich am ersten Tag der Hausbesuche angetroffen hatte. Wie sich dann herausstellte, ist sie die Hüterin dieses Raumes. Sie hat mich dann in den Arm genommen und mir gesagt, dass ich einen guten Job gemacht habe und alle sehr glücklich sind, dass ich bei ihnen war. Das war für mich ein so unglaublich berührendes Erlebnis“, berichtet Anja, immer noch merkbar bewegt, „Heiler zu sein ist eine spirituelle Sache und da gibt es nicht die Worte, um das in irgendeiner Weise auszudrücken. Aber ich glaube du verstehst, wie ich das alles meine. In dem Raum stand auch ein Bild von der Mutter. Nach einer halben Stunde Meditation hat mich die Hüterin des Raumes gebeten, zu dem Bild zu gehen. Das habe ich dann auch gemacht und mich davor hingekniet. Im Ashram sind sie sich sicher, dass der Geist dort weiterlebt und die Energie der Mutter in den Räumen immer noch vorhanden ist. Ich habe dann auch diese tiefe Liebe der Mutter gespürt, die mich völlig einhüllt und durchflutet. Nachdem ich mich vor das Bild hingekniet hatte, hat mir die Hüterin noch stellvertretend für die Mutter Geschenke überreicht und mich gesegnet. Das waren Bücher und Sprüche der Mutter und eine echte weiße Rose, die jetzt bei mir zuhause in meinem Meditationszimmer liegt und von mir dort auf meinem Schrein in Ehren gehalten wird.

Danach sind wir noch in den zweiten Raum. Das war der Raum von Sri Aurobindo. Sonst waren dort nur Inder, die uns kurz angeschaut haben nach dem Motto was tut ihr hier – aber irgendwie werdet ihr eine Daseinsberechtigung haben. Dann sind wir noch weiter in einen anderen Raum und da war ein älterer Mann gesessen, der meditiert hat. Als er uns gesehen hatte ist er aufgestanden und hat den typisch indischen Segensgruß gemacht – ich grüße und segne das Göttliche in dir. Dann erst erkannte ich ihn – es war einer der Klienten aus dem Atithi, der einige Tage zuvor bei uns Heilsitzungen bekommen hatte.“

 

 

 

 

Annette Mueller